Donnerstag, 12. November 2015

Schwarzes Loch

An manchen Tagen geht es mir richtig gut. Es fühlt sich so an, als wäre gar nichts passiert, als wäre alles beim Alten. Ich kann so tun, als wäre das alles nur ein böser Traum gewesen und mein Herz sei noch heile. Immer wieder keimt dann die Hoffnung in mir auf, dass meine Wunden anfangen zu verheilen und ich langsam aber sicher darüber hinweg komme. Bis sich plötzlich aus dem nichts ein schwarzes Loch vor mir auftut, in das ich hinein falle, ohne die Kraft mich allzu bald wieder herauszuziehen. Es passiert ohne Vorwarnung. Wenn ich mich mit meiner Mutter darüber unterhalte, wann ich aufstehen muss, weil ich erst später zur Schule muss. Oder mitten beim Mathe Hausaufgaben machen. Auf einmal zieht es mir den Boden unter den Füßen weg und meine ganze Welt um mich herum zerbricht und ich falle. In diesen Momenten würde ich am liebsten schreien und wüten und mir lautstark Luft machen. Stattdessen rolle ich mich so klein zusammen, wie ich kann und warte, bis der Schmerz und die Wut und die Trauer abgeklungen sind. Ich weine nicht mehr sehr oft. Irgendwie geht das nicht mehr. Und wenn ich weine, dann sind es nur einige wenige Tränen und ich fühle mich gefühlskalt, obwohl in mir ein Sturm wütet.
Ich glaube, es liegt nicht einmal nur an dem gebrochenen Herzen. Ich habe einfach das Gefühl, komplett die Kontrolle über mein Leben verloren zu haben. Die 12. Klasse ist hart. Härter als jedes andere Jahr davor. Es ist kürzer, also müssen die Lehrer sich ran halten, um alle genug Noten bis zum Halbjahr gesammelt zu haben und das heißt für die Schüler lernen, lernen und noch mehr lernen. Purer Dauerstress. Dazu kommt das große Fragezeichen - was kommt danach? Was zur Hölle fange ich mit meinem Leben nach dem Abi an? Zum ersten Mal in seinem Leben ist man dann auf sich allein gestellt und muss in eigener Verantwortung eine eigene Entscheidung ganz für sich allein treffen. Und was ist, wenn der Plan nicht funktioniert? Oder wenn der Plan einfach Scheiße war? Wenn es die falsche Entscheidung war? Diese Zeit - in der ich jetzt gerade mitten drin stecke, mit Herzschmerz obendrauf - ist einfach sehr verwirrend und belastend und hart. Da kann man schonmal das Gefühl haben, gleich durchzudrehen, oder?
Wobei es für mich zumindest in der Schule zur Zeit gar nicht so schlecht läuft. Es läuft eigentlich sogar ziemlich fantastisch. Ich bin auf dem besten Weg zu einem 1,0 Abi, was ich nicht mal brauche. Ich bin in drei Planungskomitees für den Abiball und in allen dreien läuft es rund, vor allen in meinem persönlichen Liebling: Das Weihnachtskonzert der 12. Klasse - Komitee. Außerdem läuft es auch ganz gut beim Fußball und im Chor sowieso. Vielleicht habe ich ja das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren, weil bei mir einfach immer so viel los ist. Aber andererseits bin ich froh und dankbar über alles, was mich vom Nachdenken abhält. Alles, was mich vom schwarzen Loch fern hält.
Okay, ja, wahrscheinlich kommt das schwarze Loch direkt aus meinem gebrochenen Herzen. Und es gibt einfach nichts, was ich dagegen tun könnte...

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